Die Entwicklung hochmoderner Lithium-Ionen-Batterien wird durch Forschung im Bereich der thermischen Analyse unterstützt
Highlights aus den weltweit führenden Entwicklungslabors für Lithium-Ionen-Batterien, die thermische Analysemethoden nutzen, um sicherere und bessere Batteriematerialien zu entwickeln
Morgan Ulrich | Chris Stumpf
March 21, 2022
Egal, ob Sie schon einmal ein Mobiltelefon benutzt oder ein Elektrofahrzeug gefahren haben (bitte nicht gleichzeitig), ist Ihnen wahrscheinlich bewusst geworden, dass Lithium-Ionen-Batterien die Energiewelt erobern. Diese Batterien treiben unsere tragbare Elektronik, lebenswichtige medizinische Geräte, Elektrofahrzeuge und erneuerbare Energiespeicher an. Angesichts des wachsenden Marktes suchen Forscher:innen Wege, um Li-Ionen-Batterien immer leistungsstärker, zuverlässiger und sicherer zu machen und zugleich die Produktionszeit und -kosten zu minimieren.
Bei der Entwicklung neuer Batterien bleibt die Sicherheit ein Hauptanliegen, da Li-Ionen-Batterien zur Überhitzung neigen – durch thermischen, elektrischen und mechanischen Missbrauch – was in einigen Fällen zu thermischem Durchgehen und zu Verbrennungen führen kann.
Durch thermische Analyseverfahren lässt sich ermitteln, wie Batteriematerialien auf thermische Belastungen reagieren, so dass Batterieforscher sicherere und leistungsstärkere Batterien entwickeln können. Ein Thermomanagementsystem für Batterien ist nur ein Beispiel dafür, wie die aus der Thermoanalyse gewonnenen Informationen über die thermischen Eigenschaften dazu beitragen können, sicherere Batterien herzustellen. Diese Systeme stellen sicher, dass die Betriebstemperaturen unter dem Punkt bleiben, an dem ein Batteriematerial zu zerfallen beginnt.
Die folgenden Forschungsbeispiele verdeutlichen, wie die weltweit führenden Entwicklungslabors für Li-Ionen-Batterien die thermischen Analysetechniken TGA, DSC und TGA-MS einsetzen, um innovative Produktdesigns und -tests zu unterstützen.
Dynamische Differenzialkalorimeter (Differential Scanning Calorimetry, DSC) für ein besseres Verständnis des thermischen Durchgehens in Li-Ionen-Materialien
Mit einem Dynamischen Differenzialkalorimeter (DSC) wird die Wärme gemessen, die in einer Probe während eines Temperatur-Zeit-Profils aufgenommen oder freigesetzt wird. Der Wärmefluss wird durch den Vergleich der Wärmeflussdifferenz zwischen einem Probenmaterial und einer Referenz bestimmt. Die DSC bietet Einblicke in die Wärmekapazität des Batteriematerials und in Phasenübergänge wie Schmelzpunkt (Tm), Schmelzwärme und Glasübergang (Tg).
Li-Ionen-Batterien bewegen sich in der Regel in einem Temperaturbereich von -20 bis 60 °C. Mechanischer, elektrischer oder thermischer Missbrauch kann jedoch zu einem übermäßigen Temperaturanstieg und -abfall innerhalb einer Batterie führen, was zu einem katastrophalen Ereignis, dem sogenannten thermischen Durchgehen, führen kann. Die genauen thermodynamischen und kinetischen Mechanismen des thermischen Durchgehens sind immer noch ein aktives Forschungsgebiet. Studien weisen darauf hin, dass die erste Stufe des thermischen Durchgehens mit der Zersetzung der Festelektrolyt-Grenzfläche (solid electrolyte interface, SEI) bei etwa 80 bis 120 °C beginnen kann. Bei immer höheren Temperaturen beginnen sich andere Materialien innerhalb der Batterie zu zersetzen und zu interagieren.
In einer innovativen Studie von Zhou et. al. von der Purdue University wurde eine DSC von TA Instruments eingesetzt, um ein Rechenmodell zum Verständnis und zur Vorhersage des thermischen Durchgehens zu erstellen. Ihre Studie belegt, dass die Interaktionen zwischen den Batterieelektroden das katastrophale Sicherheitsereignis auf der Ebene der einzelnen Zellen auslösen. Ihre aufschlussreiche Forschung führt uns einen weiteren Schritt näher zum Verständnis der Mechanismen des thermischen Durchgehens und gibt uns ein besseres Verständnis der Batteriesicherheit.
Thermogravimetrische Analyse (TGA), um Materialien für Li-Ionen-Batterien zu finden, die bei höheren Temperaturen betrieben werden können
Thermogravimetrische Analysatoren (TGA) erhitzen ein Material kontrolliert und messen dabei seine Massenänderung mit einer hochempfindlichen analytischen Waage. Ein Massenverlust lässt auf eine mögliche Zersetzung oder Verdampfung schließen, während eine Massenzunahme auf eine mögliche Sorption hinweist oder darauf, dass das Material mit seiner gasförmigen Umgebung reagiert. Batterieentwickler:innen setzen die TGA ein, um die Oxidation, den thermischen Abbau und die thermische Stabilität zu quantifizieren. Die TGA gibt Aufschluss über die Temperaturen, an denen Batteriematerialien anfangen, sich zu zersetzen, wodurch Forscher:innen in die Lage versetzt werden, die richtigen Materialien auszuwählen und leistungsstarke, langlebige Batterien zu bauen.
Kommerziell erhältliche Lithium-Ionen-Batterien verwenden Karbonatlösungsmittel auf organischer Basis. Ein Nachteil dieser organischen Karbonatlösungsmittel ist, dass sie bei hohen Temperaturen entflammbar sein können. Eine Alternative zu organischen Karbonatlösungsmitteln sind Elektrolyte auf Polymer- und Gelbasis. Cresce et al nutzten eine TGA von TA Instruments, um ihr herstellungsfreundliches Acrylatgel-Elektrolytsystem in einer Lithium-Ionen-Batterie auf Wasserbasis zu testen. Sie stellten fest, dass sich die Zusammensetzung ihres Gels oberhalb von 90 °C ändert. Damit ist ihre Batterie den modernen Batterien mit organischen Elektrolyten und LiPF6-Salz überlegen, die sich bereits bei einer Temperatur von 70 °C zersetzen. Das Cresce-Forschungsteam profitierte von den exakten TGA-Messungen der Gewichtsveränderung von Gelelektrolyten bei verschiedenen Temperaturen, die zuverlässige Rückschlüsse auf die Sicherheit ihrer Konstruktionen zulassen.
Kohlmeyer et al gingen einen anderen Weg und entwickelten eine neue Elektrolyt- und Separator-Kombination für den Betrieb von Hochtemperaturbatterien. Sie untersuchten die thermische Stabilität ihrer Membranen mit einem TA Instruments TGA. Es wurde gezeigt, dass die LiFePO4//Graphit-Membran und das Elektrolyt-System bei 120 °C mit ausgezeichneter Zyklizität arbeiten, was deutlich über der Betriebstemperatur herkömmlicher Li-Ionen-Batterien liegt. Ihr Durchbruch bereitet den Weg für eine Zukunft von Li-Ionen-Batterien, die bei höheren Temperaturen als je zuvor sicher arbeiten können.
Thermogravimetrische Analyse / Evolved Gas Analysis (TGA-EGA) für die Entwicklung von Li-Salzen mit reduzierter Fluorwasserstoffsäure
Die oben genannten Beispiele zeigen, wie DSC und TGA zur Messung der thermischen Profile von Batteriematerialien verwendet werden können, wodurch ein großer Beitrag zur Verbesserung der Batteriematerialien und der Sicherheit geleistet wird. Wissenschaftler:innen können diese Methoden auch im Tandem mit der ergänzenden Technik der Evolved Gas Analysis (EGA) einsetzen. Man kann die EGA nutzen, um zu verstehen, welche Gase während einer thermischen Messung mit einer TGA entstehen.
TGA-MS ist eine Technik, die thermogravimetrische Analyse (TGA) und Massenspektrometrie (MS) kombiniert und Daten zur thermischen Stabilität sowie Einblicke in die chemische Zusammensetzung der entstandenen Gase liefert (es ist auch möglich, GC/MS und FT-IR mit der TGA zu verbinden). Einer der Vorteile ist, dass keine zusätzliche Probenvorbereitung erforderlich ist als bei einem einfachen TGA-Experiment.
Traditionelle Li-Salze, wie z.B. LiPF6, können bei der thermischen Zersetzung giftige und unsichere gasförmige Produkte freisetzen, z.B. Flusssäure (HF). Alternativen zu den traditionellen Li-Salzen sind ein aktives Forschungsgebiet, mit dem Ziel, sicherere Li-Ionen-Batterien herzustellen. Paillet et. al. demonstrierten die Leistungsfähigkeit des TGA-MS von TA Instruments zur Charakterisierung von Lithium-4,5-Dicyano-2-(Trifluormethyl)-Imidazolid (LiTDI)-Salz für Lithium-Ionen-Batterien. Das LiTDI-Salz wurde mit dem üblicherweise verwendeten LiPF6 verglichen. Die Paillet-Studie hat gezeigt, dass die thermische Stabilität von LiTDI im Vergleich zu LiPF6 dramatisch besser war (285 °C gegenüber 164 °C). Die Studienautoren zeigten auch, dass LiTDI in Bezug auf die HF-Gasentwicklung sicherer ist. Sie erreichten dies, indem sie m/z 19 als eine Funktion der Temperatur aus ihrer TGA-MS-Studie aufzeichneten. LiTDI zeigte im Vergleich zu LiP6 eine geringere HF-Entwicklung bei gleichzeitig ähnlicher Leistungsfähigkeit wie LiPF6, was einen vielversprechenden Elektrolyten für künftige Li-Ionen-Batterien mit einer deutlichen Verbesserung der Sicherheit darstellt.
Die thermische Analyse ermöglichte ihre Entdeckungen – Was nun?
DSC, TGA und TGA-MS spielten eine entscheidende Rolle bei den hier erwähnten Entdeckungen. Von detaillierten Analysen des Batteriematerials bis hin zur Leistung der gesamten Batterie ermöglichten diese Techniken den Forscher:innen, zu ermitteln, welche Designs unter bestimmten Bedingungen sicher und effektiv sind. Sie alle haben darauf abgezielt, die Fähigkeiten von Li-Ionen-Batterien weiter zu verbessern, um die Leistung bei hohen Temperaturen zu steigern. Ein Trend, der sich sicherlich fortsetzen wird, da Li-Ionen-Batterien zunehmend in Alltagsgeräten und Anwendungen eingesetzt werden.
*Hinweis: Einige der in diesen Referenzen verwendeten Geräte verwenden Modelle der vorherigen Generation. Die Instrumente, die in diesem Artikel verlinkt sind, zeigen die Modelle der aktuellen Generation mit detaillierten Informationen über ihre Testmöglichkeiten.
Quellennachweise:
- Cresce, A., Eidson, N., Schroeder, M., Ma, L., Howarth, Y., Yang, C., Ho, J., Dillon, R., Ding, M., Bassett, A. (2020). Gel electrolyte for a 4V flexible aqueous lithium-ion battery.” Journal of Power Sources, 469. https://doi.org/10.1016/j.jpowsour.2020.228378
- Kohlmeyer, R. R., Horrocks, G. A., Blake, A. J., Yu, Z., Maruyama, B., Huang, H., Durstock, M. F. (2020). Pushing the thermal limits of Li-ion batteries. Nano Energy, 64. https://doi.org/10.1016/j.nanoen.2019.103927
- Paillet, S., Schmidt, G., Ladouceur, S., Frechette, J., Barray, F., Clement, D., Hovington, P., Guerfi, A., Vijh, A., Cayrefourcq, I., Zaghib, K. Power capability of LiTDI-based electrolytes for lithium-ion batteries (2015). Journal of Power Sources, 294. http://dx.doi.org/10.1016/j.jpowsour.2015.06.073
- Zhou, H., Mukul Parmananda, M., Crompton, M. K., Hladky, M. P., Dann, M. A., Ostanek, J. A., Mukherjee, P. P. (2022). Effect of electrode crosstalk on heat release in lithium-ion batteries under thermal abuse scenarios. Energy Storage Materials, 44, 326-341. https://doi.org/10.1016/j.ensm.2021.10.030
Other Resources
- Webinar – Improving Li-ion Battery Technology through Advanced Material Analysis
- Webinar – Unlock a New Dimension in your Battery Research Through Isothermal Microcalorimetry
- Webinar – Applications for Isothermal Heat Flow Calorimetry – Lithium Ion Battery Chemistry
- Webinar – Enhanced Understanding of Lithium ion Battery Chemistry Through Isothermal Calorimetry
- Application Note – Investigations into Dry Cell Battery Discharge Rates Using TAM Air
- Application Note – The Impact of Electrolyte Additives in Lithium-ion Batteries Determined Using Isothermal Microcalorimetry
- Application Note – Microcalorimetry for studying the electrolyte stability of lithium/manganese dioxide batteries