Thermogravimetrie luftempfindlicher Materialien

Schlüsselwörter: TGA, Glovebox, inerte Umgebung, Lithium-Ionen-Batterien, wasserempfindliche Materialien, sauerstoffempfindliche Materialien

TA471-DE

Abstract

Viele Materialien, darunter auch die, die in Lithium-Ionen-Batterien verwendet werden, reagieren mit Komponenten in der Umgebungsluft. Prüfung und Handhabung solcher Materialien müssen daher in einer inerten Umgebung, etwa in einem Glovebox (Glovebox), stattfinden. Mitunter ist es dazu erforderlich, Analysegeräte in dem Glovebox zu installieren, um eine inerte Prüfumgebung zu schaffen, da in vielen Fällen die Probenintegrität bereits bei kurzer Einwirkung von Stickstoff, Sauerstoff oder Wasser beeinträchtigt wird. Dieser Anwendungshinweis veranschaulicht die Vorteile der Arbeit mit einem thermogravimetrischen Instrument in einer inerten Umgebung anhand eines einfachen Beispiels mit einem wasserempfindlichen Material.

Einführung

Bei bestimmten Materialien müssen Handhabung und Prüfung in einer inerten Umgebung erfolgen. Thermische Analysen werden häufig mit inerten Spülgasen durchgeführt, die den Öfen oder Zellen zugeführt werden, um eine weitgehend inerte Prüfumgebung zu gewährleisten. Instrumente für die thermogravimetrische Analyse (Thermogravimetric analyzer, TGA), die die Massenänderung einer Probe im Zeitverlauf und in Abhängigkeit von der Temperatur messen, können mit inertem Spülgas betrieben werden. Manche für die thermogravimetrische Analyse vorgesehenen Tiegel lassen sich verschließen und erst unmittelbar vor dem Beladen öffnen, wodurch empfindliche Materialien geschützt und mehrere Proben hintereinander auf Autosamplern bereitgestellt werden können. Bei hochempfindlichen Proben können aber selbst in der kurzen Zeitspanne vom Öffnen des Tiegels bis zum Beladen in den Ofen oder die Zelle Probleme auftreten. Bei der Arbeit mit extrem empfindlichen Proben muss das Analysegerät normalerweise in einem Glovebox installiert werden, sodass die Probenvorbereitung und die Wartezeit bis zur Probenentnahme durch den Autosampler alle in einer inerten Umgebung erfolgen.

Zu dieser Klasse der hochempfindlichen und reaktiven Materialien zählen auch viele Rohstoffe für Lithium-Ionen-Batterien (LiB). Proben können empfindlich auf Stickstoff, Sauerstoff und Wasser reagieren und werden daher typischerweise in mit Argon gefüllten Glovebox geprüft. Der häufig verwendete Elektrolyt Lithiumhexafluorphosphat (LiPF6) muss in einer wasserfreien Umgebung untersucht werden. Die Zersetzung von wasserfreiem Lithiumhexafluorphosphat (LiPF6) sollte in einem Schritt stattfinden (LiPF6 → LiF + PF5), wohingegen in Gegenwart von Wasser zusätzliche Reaktionen ablaufen, bei denen Fluorwasserstoff entstehen kann (PF5 + H2O → POF3 + 2HF). Wie mittels thermogravimetrischem Analysator gemessen wird, ist die Zersetzungstemperatur der hydrolysierten Proben im Vergleich zu wasserfreien Proben niedriger, was möglicherweise zu irreführenden Ergebnissen führt [1]. Ein weiterer für Batterien verwendeter Rohstoff, reines Lithium, muss vor Wechselwirkungen mit Stickstoff, Sauerstoff und Wasser geschützt werden, da es bei Raumtemperatur leicht mit allen dreien reagiert [2]. Manche Proben sind so empfindlich, dass bereits eine kurze Exposition gegenüber einem dieser Gase die Probenintegrität und die anschließend erfassten Daten beeinträchtigen kann. Diese Empfindlichkeit verbietet die Verwendung von versiegelten Tiegeln, die unmittelbar vor dem Einsetzen in das Analysegerät geöffnet werden.

TA Instruments ist sich dieser Herausforderungen bewusst und hat Hilfsmittel entwickelt, um die Installation von Instrumenten, einschließlich solcher für die thermogravimetrische Analyse, in einem Glovebox zu erleichtern. Dieser Anwendungshinweis veranschaulicht, welchen Schutz das Arbeiten in einer inerten Umgebung bietet.

Praktischer Nutzen

  • Die Arbeit mit atmosphärenempfindlichen Proben kann eine Herausforderung darstellen. Um diesen Herausforderungen gerecht werden zu können, werden Tischanalysegeräte unterschiedlicher Art in Glovebox installiert, was jedoch eigene Probleme mit sich bringen kann.
  • TA Instruments hat Hardware entwickelt, die die Installation eines thermogravimetrischen Analysators in einem Glovebox vereinfacht, was den Nutzen dieser Instrumente noch weiter erhöht.

Experimente

Zur Veranschaulichung der Vorteile der Arbeit in einer Glovebox-Umgebung wurde Trockenmittelmaterial verwendet, das leicht Wasser aufnimmt. DRIERITE™ von W. A. Hammond Drierite Co. LTD besteht aus ≥ 98 % CaSO4 und < 2 % CoCl2 [3] und verändert seine Farbe bei Feuchtigkeitsaufnahme von blau zu rosa.

Die Experimente wurden in identischer Weise auf zwei Discovery™ 5500 TGA von TA Instruments™ unter Verwendung von offenen 100-µl-Platintiegeln und Stickstoff als Spülgas wiederholt. Ein TGA war den Umgebungsbedingungen im Labor ausgesetzt, der andere war in einem mit Stickstoff gespülten Glovebox installiert. Für beide Experimente wurde DRIERITE Granulat mit den folgenden Schritten geprüft:

  1. Die Probe wurde mit 10 °C/min auf 150 °C erhitzt und eine Stunde lang isotherm gehalten, um jegliche absorbierte Feuchtigkeit zu entfernen. Anschließend wurden die Proben vom TGA auf das Autosampler-Tablett entladen.
  2. Die Probe wurde für verschiedene Zeiträume im Autosampler-Tablett belassen: 1, 10, 30, 60, 120, 180 und 300 Minuten. Es ist zu beachten, dass die aufgeführten Zeiten nur die Dauer des Verbleibs der Probe im Autosampler angeben und die Zeit zum Laden und Entladen im Instrument nicht einschließen. Erwartungsgemäß veränderte sich die Farbe der unter Umgebungsbedingungen untersuchten Probe zunehmend von blau zu rosa, je länger sie der Atmosphäre ausgesetzt war. Die im Glovebox untersuchte Probe blieb hingegen blau.
  3. Nachdem die Proben für die vorgeschriebene Zeit im Autosampler waren, wurden sie erneut geladen, mit einer Geschwindigkeit von 10 °C/min auf 150 °C erhitzt und dann eine Stunde lang auf dieser Temperatur gehalten. In diesem Schritt wird die Menge der Feuchtigkeit gemessen, die während des Verbleibs im Autosampler aufgenommen wurde.

Der Glovebox mit dem Instrument darin ist in Abbildung 1 dargestellt. Bei einem thermogravimetrischen Analysator müssen Elemente wie Netzkabel, Spülgasleitungen, Wasserkühlungsleitungen und Kommunikationskabel von der Außenseite in den Glovebox hinein geführt werden. Durch die Verwendung von Flanschen und geeigneten Durchführungen in einem speziellen Set von TA Instruments ist dies ohne weitere Probleme zu bewerkstelligen. Mit diesem Hardware-Kit ist die Installation eines TGA in einem Glovebox mühelos und zuverlässig.

 

Figure 1. Discovery TGA 5500 installed in a glovebox
Figure 1. Discovery TGA 5500 installed in a glovebox

Ergebnisse und Diskussion

Abbildung 2 zeigt die Ergebnisse mit dem thermogravimetrischen Analysator unter Umgebungsbedingungen im Labor, d. h. außerhalb eines Glovebox. Die Experimente zur Prüfung der Feuchtigkeitsaufnahme sind überlagert dargestellt und in der Legende angegeben. Es wurde das Restgewicht in jedem Lauf gemessen. Die Empfindlichkeit des Trockenmittelgranulats ist daran zu erkennen, dass die Probe bereits nach nur einer Minute Verweilzeit auf dem Autosampler Feuchtigkeit aufgenommen hat. Mit zunehmender Dauer der Exposition steigt auch der Feuchtigkeitsgehalt.

Die Auftragung der Daten als Mikrogramm gegen die Zeit (Abbildung 3) bestätigt, dass die Probe tatsächlich an Gewicht zunimmt und beim Erhitzen immer wieder das ursprüngliche Trockengewicht (bis auf unter 0,05 %) erreicht.

Figure 2. Overlay of desiccant data collected on a TGA at ambient lab conditions. The data indicate increased uptake of water the longer the sample sits on the autosampler.
Figure 2. Overlay of desiccant data collected on a TGA at ambient lab conditions. The data indicate increased uptake of water the longer the sample sits on the autosampler.
Figure 3. Results from ambient lab conditions plotted in micrograms. Demonstrates uptake of water and return to dry weight.
Figure 3. Results from ambient lab conditions plotted in micrograms. Demonstrates uptake of water and return to dry weight.

Abbildung 4 zeigt die Ergebnisse von Proben, die im Glovebox gehandhabt und geprüft wurden. Dabei ergaben sich andere Ergebnisse als bei den Proben, bei denen die Prüfung unter Umgebungsbedingungen stattfand. Dargestellt sind die Daten bei zunehmender Verweildauer der Probe auf dem Autosampler. Aufgrund der trockenen Umgebung bleibt das Probengewicht hier bis zum Zeitpunkt 300 Minuten auf dem Autosampler im Wesentlichen stabil. In den Daten lässt sich kein messbarer Trend erkennen, der darauf hindeuten würde, dass auch nur geringe Mengen Feuchtigkeit aufgenommen werden.

Abbildung 5 zeigt ein überlagertes Streudiagramm der Feuchtigkeitsaufnahme im Zeitverlauf. Es wird deutlich, dass die Probe bei Umgebungsbedingungen nach etwa drei Stunden ihre Feuchtigkeitssättigungsgrenze erreicht hat. Umgekehrt deuten die Daten im Glovebox auf eine Probe hin, die im Wesentlichen keine Wasseraufnahme aufweist.

Die Daten zeigen, dass eine Probe in einem Glovebox bis zu 300 Minuten lang auf dem Autosampler bleiben kann, ohne dass eine Qualitätsminderung eintritt. Nach 24 Stunden bzw. 1440 Minuten wurde ein zusätzlicher Durchgang im Glovebox durchgeführt, der eine Gewichtszunahme von 0,057 % ergab. Bei Analysen bei bis zu 1000 °C mit 10 °C/min auf dem Discovery 5500 würden 1440 Minuten 14 Durchgängen aus der Warteschlange auf dem Autosampler entsprechen. Bei 20 °C/min sind mehr als 25 Durchgänge möglich, was dem Maximum des Autosampler-Tabletts entspricht.

Figure 4. Overlay of desiccant data collected on a TGA installed in a glovebox. The data indicate no uptake of water up to a maximum time of 300 minutes on the autosampler.
Figure 4. Overlay of desiccant data collected on a TGA installed in a glovebox. The data indicate no uptake of water up to a maximum time of 300 minutes on the autosampler.
Figure 5. Overlay of data collected at ambient conditions and inside of the glovebox, plotting percentage of moisture uptake versus time.
Figure 5. Overlay of data collected at ambient conditions and inside of the glovebox, plotting percentage of moisture uptake versus time.

Fazit

Beim Arbeiten in einem Glovebox bleiben hochempfindliche Proben, wie sie beispielsweise häufig in der LiB-Forschung verwendet werden, geschützt. Das TGA Glovebox Adaptor Kit von TA Instruments vereinfacht den Prozess der Installation eines TGA in einem Glovebox und ermöglicht somit eine einfachere und effizientere Analyse dieser atmosphärisch empfindlichen Materialien.

Anhand des DRIERITE Trockenmittels wurde die Bedeutung der Umgebungskontrolle für die Handhabung und Prüfung von TGA-Proben, die empfindlich auf Umgebungsbedingungen reagieren, aufgezeigt. Die Ergebnisse zeigten deutliche Unterschiede in der Feuchtigkeitsaufnahme bei Proben, die in einem stickstoffkontrollierten Glovebox oder bei Umgebungsbedingungen untersucht wurden. Die in diesem Anwendungshinweise präsentierten Daten zeigen, dass bei einem korrekt installierten Instrument in einem Glovebox keine besonderen Vorsichtsmaßnahmen erforderlich sind, um empfindliche Proben vor der Prüfung auf dem Autosampler zu schützen.

Literaturhinweise

  1. L. Kock, M. Lekgoathi, P. Crouse and B. Vilakazi, “Solid State Vibrational Spectroscopy of Anhydrous Lithium Hexafluorophosphate (LiPF6),” Journal of Molecular Structure, pp. 145-149, 2012.
  2. T. Furukawa, Y. Hirakawa, H. Kondo, T. Kanemura and E. Wakai, “Chemical Reaction of Lithium with Room Temperature Atmosphere of Various Humidities,” Fusion Engineering and Design, pp. 2138-2141, 2014.
  3. “Drierite Desiccants,” [Online]. Available: https://secure. drierite.com/catalog3/page4b.cfm.

Danksagung

Dieser Artikel wurde von Gray Slough, Ph. D., Principal Applications Scientist bei TA Instruments, verfasst.

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