Optimierung von Formulierungen nach der Kandidatenauswahl

Calliste Scholl | Julienne Regele
14. Februar 2024

Candidate selection

Kandidatenauswahl

Die Kandidatenauswahl ist die dritte Phase im Prozess der Arzneistoffentwicklung.1 Der primäre Zweck der Kandidatenauswahl besteht darin, die erfolgversprechendsten Antikörper für die weitere Entwicklung zu finden und die Auswahl im Idealfall auf einen bis zwei Kandidaten einzugrenzen. Das Ziel in dieser Phase ist die Beurteilung eines Pools von weniger als fünf Antikörpern hinsichtlich der Weiterentwickelbarkeit. Ein wichtiger Parameter zur Bewertung der Weiterentwickelbarkeit ist die Konformationsstabilität des Antikörpers, gemessen mittels Tonset und TM, wobei die dynamische Differenzkalorimetrie (Differential Scanning Calorimetry, DSC) die Analysemethode der Wahl darstellt. Die Kandidaten mit der höchsten Konformationsstabilität haben das größte Potenzial für eine künftige Anwendung als Therapeutikum. Bei der dynamischen Differenzkalorimetrie werden für die Messung von Tonset und TM in der Regel große Volumen von Proteinproben benötigt. Da es aber wichtig ist, genaue Werte sowohl für Tonset als auch für TM zu erhalten, stellt die dynamische Differenzkalorimetrie nach wie vor den Gold-Standard für diese Analyse dar. In dieser Phase ist es außerdem wichtig, mit dem Testen bei höheren Konzentrationen im Bereich zukünftiger Dosierungen zu beginnen, da die Konformationsstabilität durch die Konzentration der Antikörperformulierung beeinflusst werden kann.

Konformationsstabilität

Wie oben erwähnt, sind Proteine mit der höchsten Konformationsstabilität die vielversprechendsten für die Anwendung als Arzneistoff. Idealerweise hat ein Kandidat einen Tonset > 55 °C, einen TM der Fab-Domäne von > 65 °C. Mikrokalorimetrietechniken wie Nano DSC dienen zur Messung der Konformationsstabilität durch einen kontrollierten Temperaturanstieg. Mit dieser Technologie kann eine Aussage darüber getroffen werden, welche Antikörper am stabilsten sind und daher die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Arzneistoffentwicklung erhöhen. Dabei ist zu beachten, dass das für einen Antikörper unter bestimmten Bedingungen erhaltene Thermogramm wie ein Fingerabdruck einzigartig ist. Ein solches Thermogramm gibt Aufschluss über die Struktur des Antikörpers – ein wichtiger Punkt, da bei Antikörpern eine starke Korrelation zwischen Struktur und Funktion besteht. Die bei der Kandidatenauswahl erhaltenen Thermogramme können als Grundlage für die Weiterentwicklung des Antikörpers in der Formulierungsphase dienen, in der ein weiteres Screening von Puffern stattfindet.

Formulierung

In der Formulierungsphase der Arzneistoffentwicklung wird das Screening der reinen Antikörper auf das Screening sowohl der Antikörper als auch verschiedener Zusatzstoffe wie Hilfsstoffe, Puffer, Salze usw. erweitert. In dieser Phase geht es meist um die letzten ein oder zwei Antikörper, um die erste Formulierung für First-in-Human-Studien (FIH) zu entwickeln. Die Konformationsstabilität spielt auch in dieser Phase eine wichtige Rolle, da es notwendig ist, die Auswirkungen der Stabilität als Funktion dieser verschiedenen Pufferformulierungen einzuschätzen. Wenn die Antikörperformulierung zur Lagerung lyophilisiert wird, spielen Hilfsstoffe eine große Rolle im Hinblick auf den Schutz der Struktur des Antikörpers, um sicherzustellen, dass diese auch nach der Rekonstitution noch intakt ist.2 Daher ist es entscheidend, dass der letztendlich gewählte Hilfsstoff hervorragende Stabilisierungseigenschaften aufweist.

Bei der Analyse verschiedener Hilfsstoffe ist es wichtig, die Effizienz und insbesondere den Zeitaufwand zu berücksichtigen. Unterschiedliche Variationen der einzelnen Formulierungskomponenten können es erforderlich machen, Hunderte einzelner Proben zu testen. Tools wie der Autosampler für Nano DSC ermöglichen einen höheren Durchsatz und einen geringeren Arbeitsaufwand. Hochdurchsatzanalysen stellen die Zukunft bei Prüfungen der Weiterentwickelbarkeit dar, da sie eine schnelle Optimierung von Antikörperformulierungen ermöglichen.

Die Zukunft der Arzneistoffentwicklung

Insgesamt ist es entscheidend, direkt nach dem Kandidatenauswahlprozess mit der Optimierung von Formulierungen zu beginnen. Die Konformationsstabilität ist ein Schlüsselparameter zur Bestimmung der Wahrscheinlichkeit, dass Antikörper als Therapeutikum erfolgreich sind. Bei der Entwicklung eines Antikörpers muss auch die strukturelle Stabilität des Hilfsstoffs berücksichtigt werden, da diese die biophysikalischen Eigenschaften des Arzneimittels und die Wechselwirkungen zwischen den beiden Verbindungen beeinflusst. Daher ist es wichtig, große Mengen an Formulierungen schnell überprüfen zu können, was den Nutzen einer Automatisierung unterstreicht. Die Zukunft der Arzneistoffentwicklung liegt in Hochdurchsatzanalysen, mit denen verschiedene Antikörper und Formulierungen in kürzester Zeit geprüft und optimiert werden können, was eine effizientere Bewertung verschiedener Arzneistoffkandidaten ermöglicht.

Literaturhinweise

  1. Evaluating Antibody Stability with Nano Differential Scanning Calorimetry – TA Instruments. (n.d.). Erhalten am 3. November 2023 von https://www.tainstruments.com/evaluating-antibody-stability-with-nano-differential-scanning-calorimetry/
  2. Zhang, Y., Williams, R. III., and Tucher, H. (2020) Formulation Strategies in Immunotherapeutic Pharmaceutical Products. World J Clin Oncol, 11(5), 275-282. https://doi.org/10.5306%2Fwjco.v11.i5.275