Pulverrheologie von Graphit: Charakterisierung von Natur- und synthetischem Graphit für Batterieanoden-Slurries

Schlagworte: Lithium-Ionen-Batterie, Batterie, Anode, Graphit, Pulver, Trichter

RH125-DE

Einführung

Die Leistung von Lithium-Ionen-Batterien hängt in hohem Maße von gut formulierten Elektroden ab, die aus aktivem Material, Bindemittel und anderen Zusatzstoffen bestehen. Bei der Elektrodenherstellung mit traditionellen Slurry- oder Trockenverarbeitungsmethoden sind die Pulvereigenschaften dabei ein wichtiger Faktor. Bei Lithium-Ionen-Anoden ist Graphit aufgrund seiner hohen Energie- und Leistungsdichte sowie seiner langen Lebensdauer das am häufigsten verwendete aktive Material. Aufgrund seines Vorkommens und geringen Kosten dominiert Graphit den Anodenmarkt [1]. Graphit kann aus natürlichen oder synthetischen Quellen stammen. Bei der Herstellung von synthetischem Graphit wird normalerweise amorpher Kohlenstoff über einen längeren Zeitraum hohen Temperaturen ausgesetzt. Dieser Prozess liefert die Energie für den langsamen Phasenübergang bei der Graphitisierung. Synthetischer Graphit hat im Vergleich zu Naturgraphit eine höhere Reinheit, Wärmeausdehnung und thermische Stabilität. Naturgraphit ist jedoch billiger [2]. Hersteller können in ihren Anwendungen Graphit aus beiden Quellen verwenden oder beide Arten mischen. Eine Quantifizierung des Pulververhaltens kann dabei bei der Optimierung der Herstellungsprozesse oder der Entwicklung von Trichtern helfen [3].

Die Scherfestigkeit und Kohäsion des Pulvers beeinflussen die Eigenschaften und Leistung des Graphitslurry-Endprodukts. Ist ein Pulver stark kohäsiv, können sich während der Lagerung Aggregate bilden, die wiederum zu inhomogenen Slurries führen. Diese Aggregate können eine Beschädigung der Anodenbeschichtung verursachen, was wiederum zu Batterieversagen führen kann. Damit ein Pulver mit hoher Fließgrenze zum Mischen in die anderen Slurrybestandteile fließen kann, ist mehr Energie erforderlich. Zur Optimierung der Slurryverarbeitung müssen Hersteller daher in der Lage sein, diese Eigenschaften schnell zu prüfen. Das Pulverrheologie-Zubehör für HR Rheometer von TA Instruments kann zur Charakterisierung der Kohäsion und Fließfähigkeit von Graphitpulvern verwendet werden. Mithilfe der Ergebnisse lässt sich die Aggregatbildung reduzieren und die Fließfähigkeit vor der Slurryproduktion erreichen. Die Hersteller können diese Informationen zusammen mit weiteren Rheologiemessungen des Slurries (z. B. Viskosität, Viskoelastizität, Fließspannung und Thixotropie) verwenden [4], um Anodendefekte zu vermeiden. Mit der Pulver- und Flüssigkeitsrheologie bietet das HR Rheometer eine Komplettlösung für die rheologischen Anforderungen von Batterien vom Graphitpulver bis zu formulierten Slurries.

 

Versuchsaufbau

Es wurden synthetische und natürliche Graphitproben aus kommerziellen und industriellen Quellen getestet. Die kommerziellen Proben wurden bei Sigma Aldrich erworben und die industriellen Proben wurden freundlicherweise von NEI Corporation bereitgestellt. Für die Schermessungen wurde das Pulverrheologie-Zubehör von TA Instruments mit einem Discovery HR 30 Rheometer verwendet. Unter Umgebungsbedingungen wurden Doppelmessungen mit frischen Proben durchgeführt.

Praktischer Nutzen

  • Batteriehersteller können Graphit aus unterschiedlichen Quellen charakterisieren, um die Verarbeitung und Materialhandhabung zu optimieren und Anodendefekte zu vermeiden.
  • Der Pulver-Schertest reagiert empfindlich auf feine Unterschiede in der Partikelmorphologie und ist ein Indikator für das Verhalten bei der Verfestigung.
  • Mit dem Discovery HR können Hersteller problemlos zwischen Slurry- und Pulverrheologie hin- und herwechseln.

Scherfestigkeit von Pulvern

Die Messungen wurden mit einer Scherzelle durchgeführt, die aus einer geriffelten oberen Platte und einem Becher besteht (Abbildung 1), ähnlich wie bei früheren Arbeiten [5] und in Übereinstimmung mit ASTM D7891 [6]. Vor dem Trimmen der Probe wurde das Pulver, wie in Abbildung 2 dargestellt, geladen und mit einer Axialspannung von 9 kPA verfestigt. Die Messung besteht aus Vorscher- und Scherschritten bei spezifizierten Spannungen. Die Normalspannung vor dem Scheren entspricht der konsolidierenden Normalspannung. Die Scherspannungen wurden in abnehmender Reihenfolge von 7 bis 3 kPA bei 1×10-3 rad/s durchgeführt, bis ein Fließgleichgewicht erreicht wurde (siehe Abbildung 3). Mithilfe der Pulveranalyse-Option der TRIOS Software von TA Instruments wurden Kohäsion, uneingeschränkte Streckgrenze und Hauptdruckspannung bestimmt [6].

Figure 1. Shear cell with serrated upper plate and cup to prevent powder slip.
Figure 1. Shear cell with serrated upper plate and cup to prevent powder slip.
Figure 2. Sample loading and trimming for the Powder Shear Accessory.
Figure 2. Sample loading and trimming for the Powder Shear Accessory.
Figure 3. TRIOS powder shear test parameters.
Figure 3. TRIOS powder shear test parameters.

Ergebnisse und Diskussion

Abbildung 4 zeigt REM-Bilder der kommerziellen und industriellen Proben. Die unbearbeiteten Proben unterscheiden sich in Bezug auf die Partikelgrößenverteilung, das Seitenverhältnis und die Morphologie. Die Partikel des industriellen Naturgraphits sind ungefähr gleich groß und haben eine runde Form mit einer gewissen Oberflächenrauhigkeit. Die Partikel des kommerziellen Naturgraphits sind im Vergleich zu den industriellen Proben größer und kantiger. Der industrielle synthetische Graphit weist kantige und runde Partikel mit verstreuten kleineren Partikeln auf. Im Gegensatz zur industriellen Probe scheint der kommerzielle synthetische Graphit eine hohe Konzentration von flockenähnlichen Partikeln aufzuweisen.

In Abbildung 5-6 sind die Scherergebnisse des Pulvers dargestellt. Abbildung 5 zeigt die Ergebnisse des Natur- und des synthetischen Graphits. Die Doppelmessungen zeigen eine gute Reproduzierbarkeit. Abbildung 6 stellt repräsentative Daten der Analyse des Fließorts und der Mohr’schen Kreise dar, die zur Berechnung der Kohäsion, Streckgrenze und Hauptdruckspannung verwendet werden. Eine Linie der besten Anpassung für den „Fließort“ wird durch die Scherdaten gezogen und bis zum Schnittpunkt mit der Y-Achse verlängert. Der erste Mohr’sche Kreis wird so gezogen, dass er durch den Ursprung verläuft und die Fließort-Gerade tangential berührt. Der zweite Mohr’sche Kreis wird so gezogen, dass er durch den Mittelwert vor der Scherung (nicht abgebildet) verläuft und die Fließort-Gerade tangential berührt. Die Kohäsion entspricht dem Y-Achsenabschnitt des Fließorts. Die uneingeschränkte Streckgrenze ist der kleinere x-Achsenabschnitt und die Hauptdruckspannung ist der größere x-Achsenabschnitt.

Figure 4. SEM images of commercial and industrial synthetic and natural graphite.
Figure 4. SEM images of commercial and industrial synthetic and natural graphite.

Tabelle 1 zeigt eine Zusammenfassung der Pulverscherwerte. Eine höhere Kohäsion deutet darauf hin, dass die Partikel wahrscheinlich Aggregate bilden werden, für deren Auflösung zusätzliche Energie erforderlich ist. Eine höhere Streckgrenze wirkt sich auf die Fließfähigkeit aus, da das Pulver nicht unter die Streckgrenze fließt. Eine höhere Hauptspannung entspricht einer höheren Bruchkraft. Kommerzieller Naturgraphit weist die geringste Kohäsion, uneingeschränkte Streckkraft und Hauptdruckspannung von allen getesteten Proben auf. Der getestete kommerzielle synthetische Graphit hat die höchsten Werte. Bei der Verwendung beider kommerzieller Graphitquellen würde der Hersteller signifikante Unterschiede beim Fließverhalten und wahrscheinlich auch mehr Anodendefekte beim kommerziellen synthetischen Pulver feststellen. Der industrielle Naturgraphit weist niedrigere Werte auf als der industrielle synthetische Graphit. Allerdings sind die Proben besser aufeinander abgestimmt, wie die prozentuale Differenz zeigt. Ein Hersteller, der zwischen natürlichem und synthetischem Graphit aus industriellen Quellen wechselt, wird wahrscheinlich weniger Probleme in Bezug auf Mischen, Agglomeration und Beschichtungsdefekte haben.

Figure 5. Duplicate powder shear results for industrial and commercial natural and synthetic graphite.
Figure 5. Duplicate powder shear results for industrial and commercial natural and synthetic graphite.
Figure 5. Duplicate powder shear results for industrial and commercial natural and synthetic graphite.
Figure 6. Representative yield locus analyses of commercial and industrial natural and synthetic graphite.
Figure 6. Representative yield locus analyses of commercial and industrial natural and synthetic graphite.
Figure 6. Representative yield locus analyses of commercial and industrial natural and synthetic graphite.

Tabelle 1. Pulverscherergebnisse für kommerziellen und industriellen Natur- und synthetischen Graphit mit prozentualem Unterschied zwischen Natur- und synthetischem Graphit.

Kommerziell Industriell
Naturgraphit Synthetischer Graphit Unterschied (%) Naturgraphit Synthetischer Graphit Unterschied (%)
Kohäsion (Pa) 310 ± 30 1320 ± 110 326 530 ± 70 610 ± 50 15
Uneingeschränkte Streckgrenze (Pa) 880 ± 90 5470 ± 400 522 1670 ± 210 2130 ± 150 28
Hauptdruckspannung(Pa) 12960 ± 100 21980 ± 170 70 13850 ± 60 16250 ± 10 17

Fazit

Graphit ist ein wichtiger Bestandteil von Lithium-Ionen-Batterie-Anoden. Hersteller können je nach Anwendung und Reinheitsanforderungen Natur- oder synthetischen Graphit verwenden. Wie hier gezeigt wurde, können die Eigenschaften von Graphit je nach Quelle und Typ erheblich variieren. Pulver mit starker Kohäsion und schlechten Fließeigenschaften können zu inhomogenen Slurries oder Trockenmischungen und zu Elektrodendefekten und diese wiederum zum Ausfall der Batteriezelle führen. Die Pulverscherzelle von TA Instruments kann zur Quantifizierung dieser Unterschiede verwendet werden, um die Lager- und Mischbedingungen zu optimieren und die eingehenden Rohstoffe zu überprüfen.

Literaturhinweise

  1. H. Zhang, Y. Yang, D. Ren, L. Wang., X. He, “Graphite as anode materials: Fundamental mechanism, recent progress, and advances,” Energy Storage Materials, 2021.
  2. J. Asenbauer, T. Eisenmann, M. Kuenzel, A. Kazzazi, Z. Chen, D. Bresser, “The success story of graphite as a lithium-ion anode material – fundamentals, remaining challenges, and recent developments including silicon (oxide) composites,” Sustainable Energy and Fuels, 2020.
  3. G. Mehos, “Using Solids Flow Property Testing to Design Mass- and Funnel-Flow Hoppers,” Powder and Bulk Engineering, 2020.
  4. T. Chen and H. Lau, “Rheological Evaluation of Battery Slurries with Different Graphite Particle Size and Shape,” https://www. tainstruments.com/pdf/literature/RH119.pdf.
  5. J. Vail, S. Cotts, T. Chen, “Powder Rheology of Lactose: Impacts of powder morphology on performance of pharmaceutical excipients,” https://www.tainstruments.com/pdf/literature/RH123.pdf.
  6. “ASTM D7891-15 Standard Test Method for Shear Testing of Powders Using the Freeman Technology FT4 Powder Rheometer Shear Cell,” ASTM International, 2016.

Danksagung

Dieser Artikel wurde von Dr. Kimberly Dennis, Applications Scientist, und von Sarah Cotts, Rheology Product Specialist, verfasst.

TA Instruments ist seit langem als Innovator und führendes Unternehmen der modulierten Thermoanalyse bekannt.

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