Rheologische und thermogravimetrische Charakterisierung von Batterieelektroden-Slurries zur Optimierung des Herstellungsprozesses

Schlagworte: Batterie, Elektrode, Thermoanalyse, TGA, Rheologie, Slurry, Herstellung, Qualitätskontrolle

TA458-DE

Abstract

Die Herstellung von Elektroden für Lithium-Ionen-Batterien ist ein komplexer, mehrstufiger Prozess, der durch die Verwendung einer Slurry-Analyse und -Charakterisierung optimiert werden kann. Zur Prozessoptimierung ist ein gründliches Verständnis der Misch-, Beschichtungs- und Trocknungsbedingungen des Slurries erforderlich. Dieser Anwendungshinweis beschreibt, wie mithilfe eines TA Discovery HR Rotationsrheometers die Beschichtung durch Messung der Slurry-Viskosität bei unterschiedlichen Scherraten, die mit der Beschichtungsgeschwindigkeit zusammenhängen, gemessen wird. Die Trocknungskinetik wurde mit einem Discovery TGA untersucht, um die kostengünstigste Bedingung zu ermitteln. Mithilfe des TGA wurde auch der Bindemittel- und Zusatzstoffgehalt zur Qualitätskontrolle der Trockenelektrode bestimmt.

Einführung

Die Elektrodenqualität leistet einen direkten Beitrag zur Energiedichte und elektrochemischen Leistung von Lithium-Ionen-Batterien (LIB). Die Elektrodenherstellung ist ein sehr komplexer Prozess, bei dem die aktiven Materialien der Kathode oder Anode, Bindemittel/Zusatzstoffe und Lösemittel zu einer Slurrybeschichtung für den Metallkollektor vermischt und anschließend getrocknet werden, um das Lösemittel zu entfernen und die Elektrode zu kalandrieren (verdichten) (1). Um qualitativ hochwertige Elektroden zu erhalten und die Produktionskosten zu reduzieren, ist die Optimierung der Elektrodenbearbeitung dabei essenziell (2) (3).

Der Beschichtungs- und Trocknungsprozess beeinflusst die Elektrodenqualität und somit die Leistung der Batterie erheblich. Variable Eigenschaften des Slurrymaterials wie Aggregatgröße, Partikelform und Altersabhängigkeit beeinflussen die Viskosität und Beschichtungseigenschaften des Slurries. Ist die Viskosität des Slurries zu hoch, kann es schwierig sein, es zu pumpen und gleichmäßig aufzutragen. Zur Erhöhung der Beschichtungsgeschwindigkeit ist eine geringere Viskosität erwünscht. Ist die Viskosität jedoch zu gering, kann dies zur Tropfenbildung und zu ungleichmäßiger Beschichtungsdicke führen (2). Die Analyse des Fließverhaltens der Slurry-Viskosität unter unterschiedlichen Scherbedingungen kann zur Optimierung der Leistung des Beschichtungsprozesses beitragen und ist wichtig für die Untersuchung der Elektrodenslurries.

Gleich nach dem Auftragen des Slurries auf dem Kollektor muss das Lösemittel aus dem Film verdunsten. Die Elektrodentrocknung ist ein komplizierter Prozess, bei dem drei konkurrierende physikalische Prozesse ablaufen: die Verdunstung des Lösemittels, die Diffusion des Bindemittels und die Sedimentation der Partikel (2). Eine Änderung der Trocknungstemperatur oder Trocknungszeit führt zu einer unterschiedlichen Elektrodenarchitektur und elektrochemischen Leistung. Wird die Trocknung bei unterschiedlichen Temperaturen durchgeführt und die Trocknungskinetik des Slurrymaterials gemessen, kann die effizienteste Trocknungsbedingung bestimmt werden. Es ist wichtig, die Produktqualität gleich nach dem Trocknen der Beschichtung durch eine effiziente Bewertung des Bindemittel- und Zusatzstoffgehalts zu bestimmen.

In diesem Anwendungshinweis wird ein Arbeitsablauf zur Optimierung der Elektrodenbeschichtung beschrieben, bei dem die ideale Viskosität der Slurrybeschichtung und die optimalen Parameter zum Trocknen der Elektrode bestimmt wurden. Die Qualität der entstandenen Trockenelektrode wird am Ende durch Bewertung des Bindemittel- und Zusatzstoffgehalts bestimmt. Als Probe wurde eine Anodenelektrode mit Graphit, Ruß, Carboxymethylcellulose (CMC) und Styrol-Butadien-Kautschuk (SBR) als aktive Wirkstoffe verwendet.

 

Praktischer Nutzen

  • Die Formulierung des Elektrodenslurries und die Beschichtungs- und Trocknungsprozesse haben einen erheblichen Einfluss auf die Qualität der Elektrodenherstellung.
  • Das Discovery HR-30 Rheometer von TA Instruments ermöglicht eine empfindliche Bewertung der Slurry-Viskosität, die bei der Auswahl der Slurryverarbeitungsbedingungen während der Herstellung von Batterieelektroden als Entscheidungshilfe dienen kann.
  • Das HR-30 Rheometer misst die scherratenabhängige Slurry-Viskosität zur Optimierung des Beschichtungsprozesses.
  • Zur Optimierung des Trocknungsprozesses misst das Discovery TGA 5500 mit abgedichteter Tiegelstanze die Trocknungszeiten der Slurrymaterialien bei unterschiedlichen Temperaturen präzise und zuverlässig.
  • Mit dem TGA wird der Bindemittel- und der Zusatzstoffgehalt gemessen, um eine gleichmäßige Zusammensetzung zu gewährleisten und eine Qualitätskontrolle der Elektrode anhand einer Bestanden/Nichtbestanden-Funktion durchzuführen.

Versuchsaufbau

Das Anoden-Slurry und die Trockenelektrode wurden freundlicherweise von NEI Corporation zur Verfügung gestellt. Die Slurry-Viskosität wurde mit einem Discovery HR-30 Rheometer von TA Instruments mit dem fortschrittlichen Peltier-Temperatursteuersystem gemessen. Dabei wurde eine 40-mm-Parallel-Plattengeometrie mit Platten aus harteloxiertem Aluminium und einem Prüfspalt von 500 µm verwendet. Die Slurry-Viskosität wurde in einem Scherratenbereich von 0,01 1/s bis 1000 1/s gemessen.

Die Trocknungskinetik des Slurries und die Qualitätskontrolle der Trocknungselektrode wurden auf einem Discovery 5500 von TA Instruments mit inertem Stickstoff als Spülgas durchgeführt. Die Trocknung ist ein kinetischer Prozess und hängt direkt mit der Probendicke und -oberfläche zusammen. Daher ist es wichtig, dass bei allen Tests das gleiche Probenvolumen und die gleiche Probengröße beibehalten wird. Eine Mikropipette ermöglichte die präzise Beladung der 20-µl-Slurryprobe auf den abgedichteten Aluminiumtiegel des TGA für die Trocknungsuntersuchungen. Zur Vermeidung einer Verdunstung des Lösemittels wurde der abgedichtete Tiegel verwendet. Der Beutel des abgedichteten Tiegels wurde direkt vor der Beladung für den TGA-Test geöffnet. Die Probe wurde 15 Minuten lang auf die Trocknungstemperatur und Isothermie erwärmt. Zur Bestimmung des Bindemittel- und Zusatzstoffgehalts auf der Trockenelektrode wurde die Elektrodenprobe auf einem Platintiegel in Schritten von 10 °C/min von der Raumtemperatur auf 1000 °C erhitzt.

Ergebnisse und Diskussion

Slurry-Viskosität

Das Verständnis der Formulierungsstabilität und des Fließverhaltens des Batterieslurries ist für die Elektrodenherstellung von entscheidender Bedeutung. Einige Hersteller entscheiden sich dabei für ein günstiges Viskosimeter mit Einzelpunktanalyse, das jedoch die Fließeigenschaften des Slurries nicht vollständig darstellen kann. Bei einer einzigen Scherrate können zwei Formulierungen die gleiche Viskosität haben, sich jedoch in ihrer Stabilität und Beschichtungsleistung deutlich voneinander unterscheiden. Slurries sind strukturviskos, d. h. ihre Viskosität nimmt mit steigenden Scherraten ab. Abbildung 1 zeigt die Ergebnisse der rheologischen Viskositätstests eines Batterieanoden-Slurries über einen großen Scherbereich von 10-2 bis 103 1/s, der dem Schlitzdüsen-Beschichtungsverfahren bei der Elektrodenherstellung entspricht. Die Testergebnisse zeigen an, dass dieses Slurry strukturviskos ist. Tabelle 1 zeigt eine Zusammenfassung der Slurry-Viskosität über die verwendeten Scherraten – eine wichtige Entscheidungshilfe in Bezug auf die Slurryformulierung und die Beschichtungsprozessbedingungen. Eine gute Formulierung sollte eine geringere Viskosität bei hohen Scherraten aufweisen, wodurch eine leichte und homogene Beschichtung auf dem Kollektor gewährleistet wird. Gleichzeitig wird eine höhere Viskosität bei geringeren Scherraten beibehalten und die Stabilität des Slurries gewährleistet (2).

Aufgrund der Korrelation zwischen Scherrate und Beschichtungsgeschwindigkeit (2) können diese Viskositätsmessungen als Entscheidungshilfe für Slurry-Beschichtungsanwendungen dienen. Zusätzlich können mit dem HR Rheometer (4) die Viskoelastizität und Thixotropie gemessen werden, die nützliche Einblicke in die Slurrystruktur und -stabilität während des Beschichtungsprozesses liefern, um die Elektrodenqualität weiter zu verbessern (5). Weitere Einzelheiten zur Viskoelastizität und Thixotropie werden im TA Anwendungshinweis RH119 erläutert.

Tabelle 1. Zusammenfassung der Slurry-Viskosität bei unterschiedlichen Scherraten

Scherrate (1/s) Viskosität (Pa·s)
0.01 34.9
0.1 8.1
1 2.9
10 1.6
100 0.9
1000 0.4
Figure 1. The viscosity of anode slurry over a wide range of shear rate

Trocknungszeit

Die Trocknungskinetik einer Elektrode wird durch Elektrodenformulierung, Beschichtungsdicke, Trocknungstemperatur und Trocknungsrate bestimmt. Die Trocknungskinetik hat Einfluss auf die Mikrostruktur der Elektrode und ist ein wichtiger Faktor, der bei der Optimierung des Trocknungsprozesses während der Elektrodenherstellung berücksichtigt werden sollte (6). Das TGA stellt einen schnellen Test zur Evaluierung der Dauer des Trocknungsprozesses und der Trocknungskinetik bereit. Die Daten liefern Informationen zu Trocknungstemperaturen und Trocknungszeiten, die eine Entscheidungshilfe für das kostengünstigste Trocknungsverfahren bieten.

Abbildung 2 zeigt die Trocknungszeit, die für das Slurry bei unterschiedlichen Temperaturen erforderlich ist. Die Trocknungskinetik kann auch aus den Daten bestimmt werden (7). In Tabelle 1 sind die Mindesttrocknungszeiten zusammengefasst, die bei unterschiedlichen Trocknungstemperaturen erforderlich sind. Die Ergebnisse zeigen, dass die Trocknungszeit von 6,96 min bei 90 °C auf 3,80 min bei einer höheren Temperatur von 120 °C reduziert werden kann.

Tabelle 2. Mindesttrocknungszeit bei unterschiedlicher Trocknungstemperatur

Trocknungstemperatur (°C) Trocknungszeit (min)
90 6.96
100 5.45
110 3.99
120 3.80
Figure 2. Drying time of the electrode slurry

Bindemittel- und Zusatzstoffgehalt

Nach dem Trocknen und Kalandrieren der Elektrode sollte bestätigt werden, dass die Elektrode gleichförmig ist, d. h. eine gleichmäßige Verteilung von Bindemittel und Zusatzstoffen aufweist, um eine gute Haftung zu gewährleisten, die Flexibilität zu erhalten und ein Absplittern der Elektrode zu vermeiden. Mithilfe einer thermogravimetrischen Analyse (TGA) kann der CMC- und SBR-Gehalt gemessen werden. Mit dem hochempfindlichen Discovery TGA 5500 lässt sich dabei der Gewichtsverlust von der Trockenelektrode auf µg genau bestimmen (Abbildung 3). Der erste Gewichtsverlust-Peak bei 285 °C zeigte den CMC-Gewichtsanteil von 0,70 %. Der zweite Gewichtsverlust-Peak bei 404 °C zeigte den SBR-Gewichtsanteil von 1,88 %. Der Rest zeigte den anorganischen Anteil von 97,42 % bei 600 °C. Diese Ergebnisse können für die Qualitätskontrolle verwendet werden, um zu bestimmen, ob die Elektrode die Qualitätsmessung besteht oder nicht.

Figure 3. TGA weight loss data of dry electrode

Bestanden/Nichtbestanden-Funktion für die Qualitätskontrolle

Um die Elektrodenqualität zu gewährleisten und die Herstellungsbedürfnisse zu erfüllen, muss bei der Qualitätskontrolle im Elektrodenherstellungsprozess eine sofortige Entscheidung über das Bestehen oder Nichtbestehen des Tests getroffen werden. Die Bestanden/Nichtbestanden-Funktion der TRIOS-Software hilft dem Bediener, die Daten zu interpretieren und eine schnellere Entscheidung bezüglich des Bestehens oder Nichtbestehens zu treffen. Bei der Bestanden/Nichtbestanden-Option wird bestimmt, ob die Analyseergebnisse die benutzerdefinierten Parameterwerte erfüllt haben oder nicht. Der Parameter kann als Minimal/Maximalwert, als ± % Toleranz oder als Wert ± Toleranz definiert werden. Abbildung 4 zeigt ein Beispiel der Bestanden/Nichtbestanden-Einstellung in Bezug auf den prozentualen Gewichtsverlust, wobei der Wert zwischen dem Minimal- und dem Maximalwert von 1,8 und 2,0 liegen muss. Liegt das Ergebnis innerhalb des Minimal- und Maximalwerts, erhält das Diagramm von der Analyse den Stempel „BESTANDEN“ oder, falls der Wert außerhalb des Zielbereichs liegt, den Stempel „NICHT BESTANDEN“. Anhand der Bestanden/Nichtbestanden-Funktion der TRIOS-Software lässt sich bei der Qualitätskontrolle schnell bestimmen, ob der Test bestanden wurde oder nicht.

Figure 4. TRIOS Pass/Fail feature for quality control

Schlussfolgerung

Um die große Nachfrage nach LIB erfüllen zu können, müssen bei der Elektrodenherstellung die Produktion erhöht und die Kosten gesenkt werden. Das Rotationsrheometer und TGA von TA Instruments ermöglichen einen wichtigen Charakterisierungs-Workflow zur Optimierung einer kostengünstigen Elektrodenherstellung. Das Discovery HR-30 Rheometer und das Discover 5500 TGA haben mehrere wirtschaftliche Vorteile:

  • Das Discovery RH-30 Rheometer misst die Fließviskosität des Elektrodenslurries über eine große Bandbreite an Scherraten. Diese Technik ist eine wesentliche Entscheidungshilfe für den Beschichtungsprozess.
  • Mit dem Discovery TGA kann die Trocknungskinetik bei unterschiedlichen Trocknungstemperaturen bestimmt werden, um die kosteneffizientesten Trocknungsbedingungen zu ermitteln und zu optimieren.
  • Das abgedichtete Tiegelstanzsystem auf dem TGA verhindert die Verdunstung des Lösemittels und ermöglicht eine präzise und zuverlässige Messung der Slurrytrocknung.
  • Die hochempfindliche Mikrowaage auf dem Discovery TGA misst den Bindemittel- und Zusatzgehalt auf der einschichtigen Elektrode und ermöglicht eine gleichförmige Zusammensetzung für die Qualitätskontrolle.
  • Die Bestanden/Nichtbestanden-Funktion der TRIOS-Software ermöglicht bei der Qualitätskontrolle während der Herstellung eine schnelle Entscheidung, ob der Test bestanden wurde oder nicht.

Literaturhinweise

1. Reynolds, Carl D., et al. A review of metrology in lithium-ion electrode coating processes. 2021, Materials & Design, p. 109971.
2. Hawley, Blake W. and Li, Jianlin. Electrode manufacturing for lithium-ion batteries—Analysis of current and next generation processing. 2019, Journal of Energy Storage, p. 100862.
3. Hawley, Blake W. and Li, Jianlin. Beneficial rheological properties of lithium-ion battery cathode slurries from elevated mixing and coating temperatures. 2019, Journal of Energy Storage, p. 100994.
4. Chen, Terri and Lau, Hang Kuen. Rheological Evaluation of Battery Slurries with Different Graphite Particle Size and Shape. TA Applications Note, 2022. RH119.
5. Ouyang, Lixia, et al. The effect of solid content on the rheological properties and microstructures of a Li-ion battery cathode slurry. 2020, RCS Advances, pp. 19360-19370.
6. Bryntesen, Silje Nornes, et al. Opportunities for the State-of-the-Art Production of LIB Electrodes – A Review. Energies, 2021, Vol. 14. 1406.
7. Kinetics of Drying by Thermogravimetric Analysis. Vol. Thermal Analysis Application Brief. TA 134.

Danksagung

Dieser Hinweis wurde von Hang Kuen Lau und Terri Chen verfasst und von Nikki Szymurski und Jennifer Vail von TA Instruments editiert.

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