Am Ende ihrer Nutzungsdauer können die meisten Kunststoffprodukte zu neuem Ausgangsmaterial recycelt werden. Das mechanische Recycling ist ein häufig verwendeter Ansatz für die Verarbeitung der zurückgewonnenen Kunststoffe, wobei bei einer Reihe von Sortier-, Wasch-, Zerkleinerungs- und Extrusionsschritten Post-Consumer-Recycling (PCR)-Pulvern oder -Pellets hergestellt werden, die zu neuen Produkten umgewandelt werden können. Alternative Ansätze schließen fortgeschrittenes oder chemisches Recycling ein, bei dem Techniken wie Vergasung, Pyrolyse oder Methanolyse angewendet werden, um das zurückgewonnene Material in rohes Ausgangsmaterial zu zerlegen, wobei ein kreisförmiger Weg zu Kunststoffen bereitgestellt wird, die frischen Produkten entsprechen.
Unabhängig von dem zur PCR-Verarbeitung verwendeten Ansatz sind recycelte Materialien im Vergleich zur Verarbeitung frischer Ausgangsstoffe von Natur aus komplex und anspruchsvoll. Analysetechniken helfen Polymerforscher:innen und Verfahrenstechniker:innen beim Identifizieren der Auswirkungen der Variabilität und Verunreinigung des Ausgangsmaterials auf die Prozessbedingungen und die Produktleistung, wodurch sie Produkte umformulieren können, um negative Auswirkungen abzuschwächen.
Instrumente und Testparameter
Dynamische Differenzkalorimeter (DSC)
Polymeridentifikation durch Phasenübergänge
- Schmelztemperatur (Tm)
- Glasübergang (Tg)
Thermische Stabilität
- Oxidationsinduktionszeit (OIT)
- Oxidations-Onset-Zeit (OOT)
Optimierung der Prozessbedingungen
- Kristallinität
Thermogravimetrische Analysatoren (TGA)
Thermische Stabilität
- Zersetzungstemperatur
Bestimmung der Zusammensetzung
- Gehalt an flüchtigen Bestandteilen oder Lösungsmitteln
- Füllstoffgehalt (Rest)
Zersetzungsanalyse
- Zersetzungskinetik
- Emissionsgasanalyse, TGA-MS, TGA-FTIR, TGA-GCMS
Dynamisch-mechanische Analyse (DMA)
Mechanische Eigenschaften von Materialien mit PCR
- Speichermodul, Verlustmodul, Tan Delta
- Glasübergang (Tg)
Materialstärke mit PCR
- Elastizitätsmodul, Streckgrenze, Bruchfestigkeit, Bruchdehnung
- Ermüdung und Langlebigkeit, S-N-Kurven
- Festigkeit als Funktion der Temperatur
Festigkeit des fertigen Bauteils mit PCR
- Ausfall durch Biegen, Schwingungen oder Brechen
- Ermüdung und Langlebigkeit, S-N-Kurven
- Festigkeit als Funktion der Temperatur
Anwendungsbeispiele – Charakterisierung & Verarbeitung von Polymeren
Im Grunde können die wichtigsten Schritte der thermoplastischen Verarbeitung auf drei grundlegende Prozesse heruntergebrochen werden:
- Erwärmen zum Schmelzen/Weichmachen des Harzes
- Verformen zur endgültigen Form
- Abkühlen des Produkts und Freigabe
Diese drei Schritte sind in den unterschiedlichen Polymerverarbeitungstechniken, vom Spritzgießen und der Extrusion bis hin zum Thermoformen und Folienblasformen, anwendbar, obwohl sich die Details der Herstellungsparameter unterscheiden können. Hier werden die wichtigsten Fragen näher betrachtet, die man sich üblicherweise in jeder Phase der Polymerverarbeitung stellen muss und es werden die Antworten mit den durch Techniken der Polymercharakterisierung gewonnenen Erkenntnissen erläutert.
Welche Verarbeitungstemperatur hat dieses Material?
Ein Verständnis der Temperaturen, bei denen Polymere weich werden und schmelzen entspricht einer grundlegenden Materialeigenschaft, die für die Polymerverarbeitung relevant ist. Als einer der ersten Schritte bei Extrusions-, Spritzgieß- und Folienblasformprozessen werden Polymerpellets routinemäßig über den Schmelzpunkt hinaus erwärmt; für das Thermoformen und Blasformen wird das Polymer über seine Glasübergangstemperatur hinaus erwärmt, um es zu erweichen, jedoch ohne es vollständig zu schmelzen. Diese Umwandlung von einem festen Pellet (niedrigerer Energiezustand) zu einer erweichten oder vollständig geschmolzenen Probe (höherer Energiezustand) erfordert eine Energiezufuhr und kann unter Verwendung eines dynamischen Differenzkalorimeters (Differential Scanning Calorimeter – DSC) gemessen werden.
Bei einem DSC-Test wird der Wärmestrom der Probe gemessen, während die Temperatur mit einer konstanten Geschwindigkeit erhöht wird. Thermische Übergänge, wie etwa der Schmelz- und Glasübergang, zeigen sich als endotherme Ereignisse, wobei das Material Wärme absorbiert, während es in den höheren Energiezustand übergeht. Die Ergebnisse geben außerdem Aufschluss über die Polymermorphologie, mit deutlichen Unterschieden zwischen amorphen und teilkristallinen Zuständen. Während des ersten Heizzyklus eines DSC-Tests weisen amorphe Materialien einen breiten Glasübergang auf, ohne zu schmelzen, während teilkristalline Polymere eine scharfe und wohldefinierte Schmelzspitze aufweisen. Da die Schmelz- und Glasübergangstemperaturen für jedes Polymer einzigartig sind, können diese Informationen verwendet werden, um die Qualität des ankommenden Ausgangsmaterials vor der Verarbeitung schnell zu beurteilen.
Beantworten Sie die folgenden Fragen mit den Ergebnissen Ihrer DSC:
- Beurteilung des Ausgangsmaterials: Handelt es sich um ein reines Polymer oder eine Mischung? Kann das Material von Anbieter A durch das kostengünstigere Material von Anbieter B ersetzt werden?
- Verarbeitung: Wie viel Wärmeenergie wird benötigt, um die Polymerpellets vollständig zu schmelzen?
- Nach der Verarbeitung: Gibt es eine thermische Vorgeschichte, d.h. ein anderes Verhalten nach der Verarbeitung im Vergleich zum Lieferzustand? (1. gegenüber 2. Heizzyklus)
- End-of-Life-Recycling: Weist diese Charge von PCR (recyceltem Polymermaterial) eine erhebliche Verunreinigung mit anderen Polymeren auf?
Wie wird dieses Polymer zersetzt?
Bei üblichen Techniken der thermoplastischen Verarbeitung, wie der Extrusion, dem Spritzgießen und dem Blasformen, muss das Polymer für eine einfache Verarbeitung über den Schmelzpunkt hinaus erwärmt werden. Es ist jedoch wichtig, die Verarbeitungstemperaturen sorgfältig zu kontrollieren, um einen Abbau des Polymers zu vermeiden, zu dem es bei hohen Temperaturen kommen kann. Für Polymere kann das Einsetzen des Abbaus als die Temperatur identifiziert werden, bei der ein signifikanter Gewichtsverlust (üblicherweise > 5 %) stattzufinden beginnt. Dies kann mit einem thermogravimetrischen Analysator (TGA) gemessen werden.
Bei der thermischen Analyse von Polymeren ist es sinnvoll TGA-Tests routinemäßig vor den DSC-Tests durchzuführen, da die TGA-Ergebnisse dazu beitragen, die oberen Temperaturgrenzen für anschließende Prüfungen festzulegen. Neben der Identifizierung des Abbaufensters für die Verarbeitung enthüllen TGA-Ergebnisse außerdem quantitativ die Zusammensetzung der Hauptbestandteile des Materials, wie etwa die Menge des vorhandenen Basispolymers, Weichmachers und Füllstoffs. Das während eines TGA-Experiments erzeugte Abgas kann weiter analysiert werden, um Einblicke in die chemische Identität der Zersetzungsprodukte zu erhalten. Diese Art der Emissionsgasanalyse (EGA) ist besonders leistungsfähig, da sie Echtzeit-TGA-Daten mit Ergebnissen von FTIR and GC-MS kombiniert.
Beantworten Sie die folgenden Fragen mit den Ergebnissen Ihrer TGA:
- Beurteilung des Ausgangsmaterials: Bei welcher T zersetzt sich diese Probe? Wie sieht das Zersetzungsprofil aus?
- Verarbeitung: Gibt es flüchtige Materialien in dieser Polymercharge? Kommt es nach der Verarbeitung zu einem Ausgasen?
- Fehleranalyse: Liegt ein Unterschied hinsichtlich des Füllstoffgehalts oder der Zersetzungsprofile der guten bzw. schlechten Teile vor?
- End-of-Life-Recycling: Bei welcher Temperatur kommt es während der Pyrolyse zum maximalen Gewichtsverlust? Welche Verunreinigungen liegen in dieser Charge von recyceltem Ausgangsmaterial vor?
Damit verbundene Anwendungshinweise:
Wie stabil ist dieses Polymer während der Verarbeitung und im Endverbrauch?
Stabilisatoren und andere Additive werden oftmals zu Polymeren hinzugegeben, um einen Abbau durch Umwelteinflüsse zu verhindern, die unter Bedingungen der Verarbeitung und der Endanwendung vorliegen. Diese Additive schließen Antioxidantien, Sauerstofffänger, Wärme- und UV-Lichtstabilisatoren oder Flammschutzmittel ein, um sicherzustellen, dass die gewünschten Eigenschaften des Polymers während der Verarbeitung und Produktlebensdauer erhalten bleiben. Stabilisatoren weisen von Natur aus eine Opferfunktion auf und werden allmählich verbraucht, wenn sie hohen Temperaturen oder UV-Licht ausgesetzt sind; sobald der Stabilisator vollständig erschöpft ist, beginnen die Polymereigenschaften sich schnell zu verschlechtern.
Die Leistungsfähigkeit von vielen Stabilisatoren kann durch eine Analyse der Oxidationsinduktionszeit (OIT) in der DSC beurteilt werden. In diesem isothermen Test wird das Spülgas in der DSC von Stickstoff zu Sauerstoff gewechselt, wodurch eine Umgebung bereitgestellt wird, in der der Stabilisator verbraucht wird. Beim Einsetzen des Polymerabbaus beginnt das Wärmestromsignal anzusteigen und die Zeit wird als OIT vermerkt.
Temperaturrampen in der DSC können auch verwendet werden, um die Oxidations-Onset-Zeit (OOT), ein der OIT verwandtes Maß der Polymerstabilität, zu messen. Sowohl OIT- als auch OOT-Tests können auch unter Verwendung einer Hochdruck-DSC durchgeführt werden, wodurch die Testzeit durch eine Beschleunigung des Stabilisatorverbrauchs reduziert wird.
Beantworten Sie die folgenden Fragen mit OIT- & OOT-Ergebnissen Ihrer DSC:
- Beurteilung des Ausgangsmaterials: Kann dieses Material in der vorliegenden Form verarbeitet werden? Werden Antioxidantien für eine zusätzliche Stabilität benötigt?
- Fehleranalyse: War dieses Teil auf einem ausreichend hohen Niveau antioxidativ, das für die Bedingungen des Endverbrauchs geeignet ist?
- End-of-Life-Recycling: Wie viel Antioxidans wird zum Stabilisieren und Verarbeiten dieser Charge von PCR benötigt?
Damit verbundene Anwendungshinweise:
Wie ist das Fließverhalten dieses Polymers?
Die Viskosität und das viskoelastische Verhalten von Polymerschmelzen spielen eine wichtige Rolle bei der Verarbeitung von Polymeren unter Verwendung von Spritzgieß- und Extrusionstechniken. Im Grunde stellt die Viskosität den internen Fließwiderstand des Materials dar – Materialien mit einer höheren Viskosität fließen langsamer und benötigen mehr Zeit zum Füllen der Form, wobei sich die Zykluszeit verlängert und die Möglichkeit von Defekten wie Kurzschüssen besteht. Infolgedessen ist es wichtig, die Viskosität der Polymerschmelze zu messen und sorgfältig zu kontrollieren, um die Prozessstabilität zu gewährleisten und Schwankungen von Charge zu Charge zu eliminieren.
Für Polymerschmelzen hängt das Viskositätsprofil von der Verformungsrate, auch bekannt als Schergeschwindigkeit, ab. Bei den hohen Schwergeschwindigkeiten, die in den Extrusions- und Spritzgießprozessen auftreten, weist die Viskositätskurve ein scherverdünnendes Verhalten auf – wenn die Schergeschwindigkeit zunimmt, nimmt die Viskosität ab. Diese Abhängigkeit der Schergeschwindigkeit wird durch die Molekulargewichtsverteilung und den Grad der Verzweigung des Moleküls beeinflusst.
Während hohe Schergeschwindigkeiten für die Verarbeitungsbedingungen relevant sind, sind Messungen der Viskosität bei niedrigen Schergeschwindigkeiten notwendig, um die Molekülstruktur des Polymers aufzudecken. Die Nullscherviskosität im ersten Newtonschen Plateau steht in direktem Zusammenhang mit dem Molekulargewicht des Polymers und kann unter Verwendung von Rotationsrheometern gemessen werden.
Wie hängt die Viskoelastizität mit dem Molekulargewicht/der Molekulargewichtsverteilung zusammen?
Oszillationsversuche an Rotationsrheometern liefern wertvolle Einblicke in die viskoelastischen Eigenschaften eines Polymers, indem die Polymerstruktur durch kleine Verformungen über verschiedene Zeiträume untersucht wird. Die Ergebnisse liefern den Speichermodul (G’), Verlustmodul (G”) und die komplexe Viskosität (η*) des Polymers in Abhängigkeit von der Oszillationsfrequenz und können verwendet werden, um die Dynamik der Polymerrelaxation besser zu verstehen. Diese Parameter werden stark von dem Molekulargewicht, der Molekulargewichtsverteilung und der langkettigen Verzweigungsstruktur des Polymers beeinflusst. Im Vergleich zu Messungen des Melt Flow Index oder der Kapillarrheologie ist das viskoelastische Profil aus Tests der Rotationsrheologie besonders empfindlich gegenüber dem Vorhandensein von hochmolekularen Verunreinigungen, die zu Verarbeitungsproblemen führen können.
Beantworten Sie die folgenden Fragen mit Messungen der Viskosität und viskoelastischen Messungen von Ihrem Rotationsrheometer:
- Beurteilung des Ausgangsmaterials: Wie wird das viskoelastische Profil durch Veränderungen von Charge zu Charge hinsichtlich des Molekulargewichts/der Molekulargewichtsverteilung des Harzes beeinflusst?
- Verarbeitbarkeit: Weist das Polymer bei allen Schergeschwindigkeiten, die für den Herstellungsprozess relevant sind, die richtige Viskosität auf?
- End-of-Life: End-of-Life-Recycling: Wie wirken sich eine Verunreinigung und Schwankung des MW im recycelten Ausgangsmaterial auf die Verarbeitung aus?