Additive Fertigung: Polymere richtig verstehen
Gesponsert von
Morgan Ulrich | Corinna Johannisson
January 25, 2023
Ob im Spritzguss oder bei der Extrusion, ob im 3D-Druck oder anderer additiver Fertigungsverfahren – will man Polymerwerkstoffe sicher, effizient und reproduzierbar verarbeiten, spielt das Wissen um die Eigenschaften und das Verhalten der eingesetzten Materialien eine zentrale Rolle. Für den Verarbeitungs- und Herstellungsprozess wertvolle Informationen liefert die Rheologie.
Ganz gleich, ob es sich um eine Verpackungsfolie, einen tiefgezogenen Joghurtbecher, das vollständige komplexe Frontend eines Pkw oder ein im 3D-Druck gefertigtes Greiforgan handelt, das Gegenstände sanft, flexibel und gleichsam kraftvoll greifen und sicher absetzen kann – die Herstellung von Kunststofferzeugnissen fußt über alle Anwendungsfälle hinweg auf vergleichbaren Schritten: Polymerbasierte Ausgangsstoffe etwa in Form von Granulaten oder Pulvern werden
- unter Wärmeeinfluss in eine fließfähige Schmelze umgewandelt,
- mittels geeigneter Verfahren wie Folienblasen, Spritzengießen, Extrudieren oder additiv (3D-Druck) in eine neue Geometrie überführt, die wiederum
- unter Abkühlen erstarrt.
Das resultierende Produkt oder Bauteil sollte über das intendierte Eigenschaftsprofil verfügen und sein physische Form wahren, und zwar nicht nur nach dem Aushärten, sondern möglichst schon beim Applizieren des Polymerwerkstoffs. Letztgenanntes gilt insbesondere für den Fall, wenn wie bei der Materialextrusion ohne formgebende Werkzeuge gearbeitet wird. Diese Ziele zu erreichen setzt ein tiefgreifendes material- und anwendungsspezifisches Wissen voraus, das sich in der Anwendung, also unmittelbar im Produktionsprozess selbst, erwerben lässt, was allerdings meist mit großen Materialverlusten und erhöhten Produktionskosten verbunden ist.
Effizienter und letztlich produktiver gestaltet sich der Erkenntnisgewinn, wenn die erforderlichen Schritte der Methoden- und Anwendungsentwicklung zunächst im Labormaßstab durchgeführt werden. Hierbei leistet die Rheologie Anwenderinnen und Anwendern hilfreiche Dienste. Bei der Rheologie handelt es sich um ein hochpräzises Messverfahren, mit dem sich die Verformung und das Fließverhalten eines flüssigen oder festen Materials untersuchen und dessen Qualität bestimmen lassen.
Materialextrusion
While additive manufacturing presents new opportunities for efficiency and unique shapes, there are various obstacles in creating a perfect product.
Bei additiver Fertigung von Produkten mittels Materialextrusion wird das Polymer zunächst im geschmolzenen Zustand durch die Leitungen und die Düse des 3D-Druckers gefördert. Es muss folglich fließfähig sein und somit möglichst niedrig viskos. Anderseits darf es sich nach dem Applizieren nicht zu sehr unter seinem eigenen beziehungsweise dem Gewicht der darüber gedruckten Schichten verformen, und zwar bis es vollständig erstarrt ist. Ansonsten würde die gedruckte Form von der Vorlage abweichen oder, im schlimmsten Fall, das ganze Produkt in sich zusammenfallen. Ein geringes Verlaufen ist allerdings teilweise auch erwünscht, wenn etwa eine möglichst glatte Produktoberfläche erwünscht ist und die einzelnen Schichten unerkannt bleiben sollen.
Effizienter und letztlich produktiver gestaltet sich der Erkenntnisgewinn, wenn die erforderlichen Schritte der Methoden- und Anwendungsentwicklung zunächst im Labormaßstab durchgeführt werden. Hierbei leistet die Rheologie Anwenderinnen und Anwendern hilfreiche Dienste. Bei der Rheologie handelt es sich um ein hochpräzises Messverfahren, mit dem sich die Verformung und das Fließverhalten eines flüssigen oder festen Materials untersuchen und dessen Qualität bestimmen lassen.
Qualität
Wird ein Polymer beispielsweise durch eine enge Düse gepresst, wie es in der Kunststoffverarbeitung gang und gäbe ist, zeigt sich ein Phänomen, dass als „Strangaufweitung“ bezeichnet wird: Unmittelbar hinter der Düse vergrößert sich der Durchmesser des Polymerstrangs etwas gegenüber jenem der formgebenden Düse. Das Ausmaß der Durchmesseränderung lässt sich mit dem Rheometer untersuchen und ermöglicht es, die Präzision etwa eines im 3D-Druck gefertigten Produkts sicherzustellen.
Blick für das große Ganze
Die sichere und zielführende Handhabung flüssiger oder viskoser Materialien, die der Herstellung von Festkörpern dienen, macht es erforderlich, die eingesetzten Rohstoffe und Zutaten auf Qualität und Quantität zu untersuchen und darauf zu achten, dass Rezepturen und Prozessparameter präzise eingehalten werden. Dessen ungeachtet sind Schwankungen im Verarbeitungs- und Herstellungsprozess immer denkbar und möglich, etwa wenn gleiche oder ähnliche, nicht aber dieselben Materialien und Additive zur Anwendung kommen. Zudem führt der Einsatz von Rezyklaten nahezu unweigerlich zu höheren Toleranzbreiten. Gebrauchtkunststoffe enthalten häufig Additivrückstände, Farb- und Füllstoffreste, die Einfluss nehmen können auf die Qualität und die Verarbeitungsfähigkeit einer Schmelze sowie deren Verhalten im Herstellungs- und Verarbeitungsprozess – mit zum Teil nur schwer absehbare Folgen für das Produktionsergebnis.
Qualitätskontrolle vorab möglich
Allen Einflüssen und Unwägbarkeiten zum Trotz besteht jedoch die Möglichkeit einer soliden vorauseilenden Produktkontrolle und Qualitätssicherung. Ein zentraler Schlüssel liegt in der analytischen Betrachtung des Zusammenwirkens aller im resultierenden Werkstoffsystem eingesetzten Materialkomponenten, und zwar unter Berücksichtigung der für den Herstellungsprozess zwingend erforderlicher Prozessparameter wie Temperatur, Druck und Flussgeschwindigkeit. Apropos: Wie sich 3D-Druck und additive Fertigungsprozesse mithilfe rheologischer Untersuchungen optimieren lassen, darüber berichtet Marco Coletti, Applikations- und Supportspezialist von Waters in seinem ähnlich lautenden Webinar.
Von viskos bis elastisch
Worauf es beim Einsatz von Polymeren, und zwar eben nicht zuletzt in additiven Fertigungsverfahren ankommt, lässt sich wie folgt verdeutlichen: In der Regel handelt es sich bei den im 3D-Druck eingesetzten Polymeren um Mehrkomponentensysteme. Diese Polymere haben hinreichend viskos und fließfähig zu sein, um aufgetragen werden zu können. Anderseits haben sie auch hinreichend fest beziehungsweise elastisch zu sein, um nicht unter Einfluss der Schwerkraft, sprich dem eigenen Gewicht oder prozessbedingten Änderungen der Temperatur zu zerlaufen. Das Beispiel zeige, sagt Lukas Schwab, wie Marco Coletti Applikationsspezialist bei Waters – TA Instruments, dass es bei dem eingesetzten Material auf eine ausgewogenen Balance ankommt zwischen den Eigenschaften Viskosität, Merkmal einer Flüssigkeit beziehungsweise ihrer Zähigkeit oder Fließfähigkeit, und der Elastizität eines Festkörpers. Die präzise Untersuchung und Bestimmung des Fließ- und Verformungsverhalten eines Materials ist ein Teilgebiet der Rheologie und gelingt mit der Rheometrie als Messverfahren.
Elastizität
Worauf es beim Einsatz von Polymeren, und zwar eben nicht zuletzt in additiven Fertigungsverfahren ankommt, lässt sich wie folgt verdeutlichen: In der Regel handelt es sich bei den im 3D-Druck eingesetzten Polymeren um Mehrkomponentensysteme. Diese Polymere haben hinreichend viskos und fließfähig zu sein, um aufgetragen werden zu können. Anderseits haben sie auch hinreichend fest beziehungsweise elastisch zu sein, um nicht unter Einfluss der Schwerkraft, sprich dem eigenen Gewicht oder prozessbedingten Änderungen der Temperatur zu zerlaufen. Das Beispiel zeige, sagt Lukas Schwab, wie Marco Coletti Applikationsspezialist bei Waters – TA Instruments, dass es bei dem eingesetzten Material auf eine ausgewogenen Balance ankommt zwischen den Eigenschaften Viskosität, Merkmal einer Flüssigkeit beziehungsweise ihrer Zähigkeit oder Fließfähigkeit, und der Elastizität eines Festkörpers. Die präzise Untersuchung und Bestimmung des Fließ- und Verformungsverhalten eines Materials ist ein Teilgebiet der Rheologie und gelingt mit der Rheometrie als Messverfahren.
Materialcharakterisierung leicht gemacht
Der Einsatz entsprechend leistungsfähiger, hochpräziser Analysegeräte (Rheometer) wiederum ermögliche es, erläutert Lukas Schwab, rheologische Eigenschaften zu bestimmen, was ein wichtiger Bestandteil der Materialcharakterisierung sei. „Insbesondere bei flüssigen Stoffen wie Polymerschmelzen kann das Verständnis und die Vorhersage der rheologischen Eigenschaften allerdings sehr aufwendig sein“, weiß der Applikationsspezialist von Waters. Oft variiere das Verhalten einer Probe in Abhängigkeit von der Größe der einwirkenden Kräfte, was bedeute, „dass das Fließ- und Verformungsverhalten einer Probe in aller Regel experimentell, genauer gesagt rheologisch zu ermitteln ist“.
Bestimmung rheologisch wichtiger Parameter
Rheologische Messungen werden mit Rheometern durchgeführt, die es in unterschiedlichen Ausführungen gibt. (Einen Überblick über leistungsstarke Rheometer liefert die Broschüre). Auf den Punkt gebracht, misst ein Rheometer das Ausmaß der Verformung eines Materials (Flüssigkeit oder Feststoff), wenn eine Kraft darauf einwirkt. Die Kombination von Spannung, Deformation und Scherverhalten bildet die Grundlage der Rheologie, der Wissenschaft von der Verformung von Materialien. Die Messung mit einem Rheometer wie dem Discovery Hybrid Rheometer (DHR 10-30) gestaltet sich, vereinfacht gesagt, wie folgt:
Die Probe wird in einen Zylinder zwischen zwei runde Platten gefüllt und zusammengepresst. Anschließend wird eine der Platten zum Beispiel mit definierter Geschwindigkeit und Richtung in Rotation versetzt. „Rotationsmessungen eignen sich“, erläutert Lukas Schwab, „um die Viskosität eines Materials und damit dessen Pump- und Verarbeitungsfähigkeit etwa im 3D-Druck zu bestimmen.“ Demgegenüber liefern Oszillationsmessungen, bei der eine der beiden Platten mit kleiner Amplitude sinusförmig hin- und her bewegt wird, mehr Informationen zur Gleichgewichtsstruktur der Probe und dienen damit eher der Bestimmung von Materialeigenschaften: Oszillationsmessungen helfen, Antworten zu finden etwa auf Fragen nach dem Molekulargewicht verschiedener Produktchargen oder dem Verhalten eines Materials, wenn es geringen Kräften ausgesetzt ist.
Was am Ende zu sagen bleibt
Mithilfe der Rheometrie wird in der Regel die Viskosität oder Viskoelastizität eines Materials bestimmt, fasst Lukas Schwab zusammen: „Die Viskosität – als Maß für den durch innere Reibung verursachten Strömungswiderstand – hängt von den mikroskopischen Eigenschaften des Systems ab, wie zum Beispiel der Partikelgröße. Die Viskoelastizität wiederum ist ein Maß für die Materialeigenschaften in Reaktion auf eine verformende Kraft. In einem rein elastischen Material gibt es keine Energiedissipation (Dissipation=Zerstreuung), nachdem eine Last aufgebracht wurde; in einem viskoelastischen Materialien wiederum existiert eine gewisse Änderung der Wirkung (Hysterese) im Spannungs-Deformationsverhalten aufgrund der Verformung des Materials.“
Die genannten Eigenschaften sind wichtige Bestandteile einer rheologischen Untersuchung, die nicht allein im Zuge der Materialprüfung von Polymeren und weichen Stoffen erforderlich sind. Rheologische Messungen werden folgerichtig in vielen Produktionsprozessen als Mittel zur Qualitätskontrolle eingesetzt, da ein unerwünschtes viskoelastisches Verhalten zu einer schlechten Materialleistung und Sprödigkeit führen kann, erläutert Lukas Schwab. Anhand der Viskoelastizität lassen sich auch Haltbarkeiten und des thermomechanischen Zersetzungsverhaltens von Festkörpern ermitteln. Die Rheometrie als Messverfahren sei nicht allein für die Kunststoff- und Kautschukbranche von großem Interesse. Sie spiele überdies in einem weiten Anwendungsfeld ein bedeutende Rolle, das einen Bogen über die unterschiedlichen Industriezweige spanne, angefangen bei der chemischen Industrie, der Farben- und Lackindustrie, der Pharmaindustrie und der Lebensmittelindustrie.
Other Resources
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